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STUTTGART 14.1.2000



Arbeiter stoßen auf menschliche Gebeine

Sanierung der Stiftskirche geht dennoch weiter - Baustopp hätte Kosten erhöht

Bei der Renovierung der Stiftskirche sind menschliche Gebeine entdeckt worden. Doch die Sanierung geht weiter. Für einen Baustopp seien die Funde ¸¸nicht aussagekräftig genug'', heißt es beim Landesdenkmalamt.

VON ALEXANDER MÖHNLE

Gefunden wurden die Knochen in der Nähe des Aposteltors beim Herausbrechen von Bodenplatten. Bauleiter Ludger Schmidt hat die Arbeiten im südlichen Kirchenschiff daraufhin stoppen lassen und das Landesdenkmalamt informiert. Seither lagern die Funde, darunter als größte Teile eine Schädeldecke und ein Kiefer, in einer Kiste. ¸¸Mit diesen Knochen bringt man keinen mehr zusammen'', hatte die Bodendenkmalpflege erkannt. Für Aufregung und wilde Spekulationen sorgten die Funde dennoch. Nur heiße Luft?

Ein Archäologe, der vom Fund ¸¸zweier Skelette'' Wind bekommen hatte, vermutete sogar, dass die Knochen zu Gunsten eines ungestörten Weiterbaus verheimlicht werden sollten. Zumal ein Baustopp, wenn er auch nur Teile der riesigen Baustelle beträfe, immer auch einen finanziellen Mehraufwand bedeuten würde.

Von einem Baustopp aber kann wohl keine Rede sein. ¸¸Es wurden wirklich nur einzelne und historisch unbedeutende Knochen gefunden, wie man sie bei jeder Kirchenrenovierung zuhauf findet'', bekräftigt Hartmut Schäfer vom Landesdenkmalamt. Sein Amt untersuche jeden Fund genau und schrecke auch nicht vor einem Baustopp zurück. Bei diesem Fund jedoch, so vermutet er, handle es sich lediglich um nicht zu rekonstruierende Knochenteile, die bei der Renovierung nach dem Krieg wild durcheinander gewirbelt worden seien.

Auch für Bauleiter Ludger Schmidt wäre es deshalb keine Überraschung, wenn noch weitere Knochen gefunden würden. ¸¸Schließlich wurden Kirchen und der Platz drum herum seit jeher als Grabstätten genutzt'', sagt Schmidt, der aber versichert, dass die gefundenen Knochen würdig begraben würden. Darüber, so scheint es jedenfalls, hatte man sich gleich nach dem Krieg weniger den Kopf zerbrochen.

Mittlerweile sind die Kellerräume freigelegt, ¸¸im Laufe des Frühjahrs wird die neue Heizung eingebaut'', sagt Helmut Liebs, Medienpfarrer der Evangelischen Kirche. Schwieriger gestaltet sich die Sanierung der Wände und Standbilder im Chor. Der besseren Akustik wegen hat man einst einen asbesthaltigen Putz aufgesprüht, ¸¸die Schicht ist bis zu fünf Zentimeter dick'', sagt Helmut Liebs. Den Asbest zu entfernen sei eine äußerst mühsame Angelegenheit.

Dennoch soll die insgesamt 17 Millionen Mark teure Sanierung der Stiftskirche pünktlich abgeschlossen werden. ¸¸Wir liegen im Plan'', erläutert Liebs, ¸¸an Heiligabend wollen wir dieses Jahr wieder einen Gottesdienst in der Stiftskirche feiern.''

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