Stuttgarter Zeitung Südwestdeutsche Zeitung 4.2.2000



Abgeordnete streben nach mehr Licht und Sonne

Der Landtag diskutiert über bessere Arbeitsmöglichkeiten

Darin sind sich alle Abgeordneten einig: Der Landtag ist zu groß, der Plenarsaal zu dunkel. Die Beratung über den Haushalt des Parlaments war Anlass, diese Probleme erneut aufs Tapet zu bringen.

Von Klaus Fischer

Der Vorschlag der CDU-Abgeordneten Ingrid Blank, die Lichtverhältnisse im Plenarsaal zu verbessern, fand allenthalben Beifall. Wer je auch nur einen Tag in dem fensterlosen, schlecht belüfteten Raum verbracht hat, kann dies nachvollziehen. Auch die Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender rief, wie einst Goethe auf seinem Sterbebett, nach ¸¸mehr Licht''. Bender, die mit Ablauf der Legislaturperiode ihre Parlamentskarriere beenden wird, bezweifelt allerdings, dass sie die erwünschte Verbesserung noch erleben wird. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Das Stuttgarter Landtagsgebäude steht unter Denkmalschutz, jede bauliche Veränderung ist so gut wie ausgeschlossen.

Für eine andere Anregung der Grünen besteht seit gestern mehr Aussicht auf Erfolg: die Einrichtung einer Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des benachbarten Hauses der Abgeordneten. Schon für 200.000 Mark - angesichts eines jährlichen Haushaltsvolumens von rund 60 Milliarden eine vergleichsweise geringe Summe - könnte eine solche Anlage installiert werden. Die Nutzung der Sonnenkraft wäre ein handfester Beitrag zu dem Ausbau der erneuerbaren Energien, deren wirtschaftliche Bedeutung durch das Stromeinspeisegesetz sogar noch erhöht werden könnte. Darüber hinaus wäre eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Landtagsdach nach Ansicht der Grünen auch von hoher symbolischer Bedeutung und hätte eine beispielhafte Wirkung. Jeder Parlamentsbesucher könnte sie besichtigen, und manch einer ließe sich vielleicht überzeugen, sein eigenes Haus mit einer ähnlichen Anlage auszustatten.

Zum Leidwesen der Grünen wurde ihr Antrag, im Haushaltsplan die Mittel zur Einrichtung einer Fotovoltaik-Anlage einzustellen, im Finanzausschuss abgelehnt. Bei der zweiten Lesung im Plenum unternahmen sie nun einen neuen Versuch, für ihren Vorstoß eine Mehrheit zu finden. Gleichzeitig hatte aber die SPD einen Antrag vorgelegt, der beide Ziele zusammenfasste - der Einbau einer solartechnischen Anlage und die Verbesserung der Lichtverhältnisse. Die Landtagsverwaltung, so empfahlen die Sozialdemokraten, sollte dazu eine ¸¸Gesamtkonzeption möglicher baulicher Veränderungen und Umgestaltungen am Landtagsgebäude und am Haus der Abgeordneten'' erstellen.

Überraschend wich die Koalitionsmehrheit in diesem Punkt von dem bei Haushaltsberatungen üblichen Verfahren ab, Änderungsanträge der Opposition pauschal abzulehnen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Günther Oettinger griff den Vorschlag der Grünen und der SPD elegant auf und empfahl, im Präsidium des Landtags eine ¸¸einvernehmliche Lösung'' zu suchen. Dies wurde akzeptiert. Schon in der nächsten Sitzung des parlamentarischen Führungsgremiums soll nun darüber beraten werden, wie sich der Landtag mehr Licht verschaffen und zugleich die Sonnenkraft zu Nutze machen könnte.

Nicht erfolgreich waren Grüne und SPD dagegen mit ihren Vorschlägen zur Verkleinerung des Parlaments. Ein Antrag der Grünen mit der Zielsetzung, die Zahl der Wahlkreise von 70 auf 50 zu vermindern, fand ebenso wenig Beifall wie die Empfehlung des SPD-Abgeordneten Frieder Birzele, eine interfraktionelle Kommission einzurichten, die nach Möglichkeiten für eine Verminderung der Abgeordnetenzahl suchen solle. Als Bremser betätigte sich wieder einmal die CDU, und ihr Koalitionspartner FDP gab klein bei, obwohl sich deren schwergewichtiger Sprecher Richard Drautz zu der Feststellung aufschwang, zum ¸¸schlanken Staat'' gehöre auch ein ¸¸schlankes Parlament''.

Immerhin äußerte Drautz die Erwartung, auch die CDU werde ¸¸schon noch rechtzeitig'' ihrem Fraktionsmitglied und Landtagspräsidenten Peter Straub folgen, der sich seit langem für eine Verkleinerung des Parlaments einsetzt. Aber die Chance, dazu den ersten konkreten Schritt zu tun, ist für diese Legislaturperiode vertan worden.

Atrikelübersicht


© Stuttgarter Zeitung online - Stuttgart Internet Regional GmbH, 2000