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Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 23.5.2003

 


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Das Denkmalamt ist umgezogen

Ein Festakt zum Begräbnis

Das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg ist nach Esslingen umgezogen. Esslingens OB Zieger hat dies begrüßt: "Ein guter Tag."

Ist das aber wirklich ein guter Tag, wenn der Ressortminister Walter Döring (FDP) in seiner Festansprache mitteilt, dass das Amt durch die geplante Verwaltungsreform zerschlagen werden wird? Was macht der Umzug für einen Sinn, wenn die Zusammenführung der bisher getrennten Teile nun gar nicht mehr nötig ist, da sehr viele Referate künftig zum Regierungspräsidium in Stuttgart gehören werden? Wie soll es da zu den "effektiveren Verwaltungsabläufen" kommen und zur Verringerung der Personalkosten? Soll das eben bezogene Domizil in Teilen bald wieder leer stehen - bei langfristig vertraglichen Mietkosten von einer halben Million Euro? Ein politisches Possenspiel.

Das Denkmalamt wird allenthalben, auch im Ausland, als besonders effektiv und erfolgreich gerühmt. In der Republik schüttelt man den Kopf über den Schildbürgerstreich, den man sich in Stuttgart ausgedacht hat. Erst jüngst hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Stuttgarter Archäologen mit der Koordination eines internationalen Forschungsprogramms beauftragt. Wie soll das funktionieren, wenn da künftig vier Regierungspräsidien das Sagen haben? Derart machen sich die Schwaben zum Gespött.

In der Tat ist die Frage, was das soll, eine in 30 Jahren aufgebaute, nach übereinstimmenden Urteil gut funktionierende Fachbehörde zu zerschlagen und das Erreichte aufs Spiel zu setzen. Ist das zukunftsweisend? Die von Erwin Teufel (CDU) angezettelte Aufteilung der Fachbehörde mündet unausweichlich in die Schwächung der Denkmalpflege im Land. Ist das die wirkliche Absicht?

Gewiss ist jedenfalls: die angepeilten Spareffekte werden nur minimal sein. Denn im gering dotierten Kulturbereich ist vergleichsweise wenig zu holen.

Der Hinweis auf den Generationenvertrag ist ein gutes Argument fürs Sparen. Er gilt aber ebenso für den Denkmalschutz. Wer heute nichts dafür tut, dass auch die Nachkommen noch den Reichtum an Kulturdenkmalen genießen können, versündigt sich an ihnen. Denkmale sind, anders als eine Straße, auch mit noch so viel Geld in späterer Zeit nicht ersetzbar. Wer das Denkmalamt aufsplittert, zeigt, dass ihm die Zukunftsvorsorge nicht wirklich am Herzen liegt. Selbst im Finanzministerium, wo man das Sparen gewiss groß schreibt, warnt man davor, die Kompetenzen der Denkmalpfleger durch Gesetze und Verordnungen zu beschädigen.

Der Festakt gestern erinnerte fast schon an ein Begräbnis. Bleibt nur noch der flammende Appell des Denkmalamtspräsidenten an die Vernunft der Politiker und der interessierten Öffentlichkeit: Seht nicht tatenlos zu, wie das Denkmalamt zerschlagen wird.

Von Dieter Kapff
 
23.05.2003 - aktualisiert: 24.05.2003, 05:04 Uhr

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