Stuttgarter Zeitung sonstige Kreis-Seiten 25.2.2000



Ganz fremde Laute ertönen in Hochdorf

Weit gespannter Überblick über die keltischen Sprachen - Kaum die Rede vom Idiom des Fürsten

EBERDINGEN-HOCHDORF. Sprachlos sind die Besucher eines Vortrags über die "Keltischen Sprachen'' in der Gemeindehalle in Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) nicht gerade geblieben. Aber etwas ratlos. Ein zweites Referat mit enger begrenztem Thema ist ins Auge gefasst.

Von Dieter Kapff

Ungewöhnlich großer Andrang in dem sonst auch nicht gerade schlecht besuchten Vortragssaal: Alle wollen hören, wie "ihr'' Keltenfürst vor gut zweieinhalbtausend Jahren gesprochen hat. Ein Professor für vergleichende Indogermanische Sprachwissenschaft und Keltologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn, Stefan Zimmer, ist nach Hochdorf gereist, um in der Vortragsreihe zur keltischen Zivilisation über das Keltische zu reden. Keltisch, das in Europa seit etwa 600 vor Christus bezeugt ist, gehört zur indogermanischen Sprachenfamilie.

Was dem Laien einfach erscheinen mag, ist es nicht. Es gibt nicht nur eine altkeltische Sprache, sondern deren viele. Und dummerweise ist gerade das Festlandkeltische und besonders das Gallische, das wohl der Keltenfürst gesprochen hat, in uralten Zeiten kaum dokumentiert worden. Zwar haben sich Jahrhunderte später die Treverer aus Trier mit den kleinasiatischen Galatern unterhalten können, aber nicht mit den Inselkelten in Großbritannien. Und gerade das Inselkeltische ist am besten überliefert.

Vom Gallischen gibt es zwar 300 Schriftzeugnisse, meist nur Namen und kurze Texte oder fragmentarische Inschriften, darunter, jüngst entdeckt, Gerichtsurteile auf schwerem Ziegelstein, die der Angeklagte wohl am Fuß mitschleifen musste. Zu wenig aber, um eine Sprache zu erforschen. Die Sprachzeugnisse sind übrigens in lateinischer oder griechischer Schrift geschrieben. Es fehlen Verben, es fehlt die Satzbaulehre und vieles andere mehr. Mit nach rückwärts verlängerten Sprachgesetzen sind die Lücken jedenfalls nicht zu füllen.

Zimmers Keltisch, das in Hochdorf zu hören war und arg fremdländisch klang, ist deshalb nicht die Sprache des späthallstattzeitlichen Keltenfürsten. Den Prokomaklos, den "Dachsfürsten'', wie ihn der österreichische Keltologe Helmut Birkhan wegen seiner Vorliebe für Textilien aus Dachshaar genannt hat, muss deshalb ein weiterer Vortrag in Hochdorf der Fürsten-Fangemeinde näher bringen. Die sprachlichen Zeugnisse sind noch lange nicht ausgeschöpft.

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