Artikel aus der
Stuttgarter Zeitung
vom 13.6.2001
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Wo der keltische Landadel gewohnt hat

Freilichtmuseum in Hochdorf

EBERDINGEN. Dem keltischen Leben vor rund 2500 Jahren ist das neue Freilichtmuseum gewidmet, das am Wochenende in Eberdingen-Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) eingeweiht wird. In zweijähriger Arbeit ist ein Keltengehöft entstanden.

Von Dieter Kapff

Das jährlich von 40.000 Menschen besuchte Keltenmuseum in Hochdorf hat eine neue Attraktion erhalten. Gleich nebenan liegt das Freilichtmuseum Keltengehöft, auf historischem Boden; denn als das Museum gebaut wurde, stieß man 1989 hier auf keltische Siedlungsspuren. Rasch war die Idee geboren, hier eines der ausgegrabenen Keltengehöfte aus der Zeit um 450 vor Christus wieder entstehen zu lassen.

Das war gar nicht so einfach, denn es gibt keine erhaltenen Vorbilder. Alles musste aus Indizien mühsam rekonstruiert werden. Am 28. November 1998 war das große Wohnhaus dann fertig, und einen Tag später durch Brandstiftung nur noch eine schwarz verkohlte Ruine. Gemeinde und Förderverein ließen sich aber nicht entmutigen. Nun steht das Haus wieder - schöner und besser als zuvor. Umgeben von drei weiteren Bauten. Das ganze Freilichtmuseum hat 850.000 Mark gekostet.

Wir wollen, sagt Bürgermeister Peter Schäfer, einmal zeigen, wie eine keltische Familie gelebt hat. Freilich, es war nicht irgendeine Familie. Es war keltischer Adel, der sich hier ein 140 Quadratmeter großes Haus errichtet hat. Anders als das abgebrannte Gebäude, das aus rohen, runden Baumstämmen bestand, was zwar besonders urig wirkte, historisch aber falsch ist, hat das neue Wohnhaus des Keltenherrn sorgfältig mit dem Beil behauene und geglättete Vierkanteichenbalken. Die Wände sind aus horizontalen Spaltbohlen. Gedeckt ist das Dach des dreischiffigen, neun Meter hohen Bauwerks (das zweite Geschoss ist nicht ausgebaut) mit Roggenlangstroh aus Polen. Die Holzverbindungen sind ohne Eisen, das damals aber bekannt war. Alles ist verzapft, verblattet oder mit Holznägeln verbunden.

In einer Ecke des großen Raumes, der ganzjährig für Vorträge, Tagungen und Kinderprogramme zur Verfügung steht, ist das Speisezimmer eingerichtet. Eine hölzerne Kline mit Verzierungen, wie sie im Fürstengrab Grafenbühl gefunden wurden, Hockern, Essschalen und Trinkhörnern. In der benachbarten Ecke liegt die Küche mit Herdstelle und Kessel. Vor dem Haus steht auf vier mächtigen Pfosten ein Hochspeicher, wo das Getreide trocken, luftig und vor Ungeziefer gesichert etwa einen Meter über dem Boden gelagert war. Die Wände bestehen hier aus Flechtwerk.

In einem Grubenhaus ist eine Webstube eingerichtet mit Webstuhl und Vorrichtungen zur Produktion der Brettchengewebe. Das sind hochkompliziert gewobene farbige Borten. In dem Grubenhaus, das in die Erde eingetieft ist, ist die Luft immer feucht, was dem Gewebe zugute kommt.

Die Kelten hatten auch einen Kühlschrank. Es ist ein überdachter Erdkeller, wo die Lebensmittel und das Saatgut kühl gehalten wurden. In einem kleinen Garten werden alle Pflanzen und Kräuter der Keltenzeit angebaut. Das Gehöft, es ist das älteste vollständige, das man bisher ausgegraben hat, war von Flechtwerk- oder Palisadenzäunen rechtwinklig eingefasst.

Das Freilichtmuseum Keltengehöft wird am Samstag 16.Juni 2001) um 14 Uhr ihm Rahmen des dritten Hochdorfer Keltenfests eingeweiht.

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