{short description of image} STN STUTTGART 27.09.1997



Ein Denkmal im Blickfeld

Um das dunkle Kruzifix hat Spinngewebe einen Schutzmantel gelegt, als ob es alle Unannehmlichkeit fernhalten wollte. Es wird ja nun gebaut im Mausoleum der Familie Benckendorff auf dem Heslacher Friedhof, die Restaurierung schreitet voran, es gibt Dreck.

Neulich machte einer hier Musik. Ein Mann brachte ein ,,Digeridoo'', ein australisches Blasinstrument, und fragte einen Steinmetz, ob er damit drinnen spielen dürfe. KNITZ hat solche Töne noch nie gehört, es soll aber ,,faszinierend'' geklungen haben.

Überhaupt kommen ständig Neugierige. Das Grabmal, wie die Grabkapelle auf dem Württemberg vom Baumeister Salucci geschaffen, ließ den Blick ins Innere früher nicht zu. Jetzt, da die Handwerker das von Feuchtigkeit und allmählichem Verfall bedrohte Denkmal rundum instandsetzen, öffnet sich das stille Haus.

Überhaupt rückt die kleine Kapelle, seitdem die Gärtner das umgebende Grün gelichtet haben, ins Blickfeld. Sie wäre möglicherweise in ihrem tiefen Dornröschenschlaf vollends verkommen, wenn nicht die Stadträtin Dr. Ursel Bucher energisch Mitstreiter für die Restaurierung um sich gesammelt und Geldgeber gefunden hätte. Etwa 300.000 Mark sind notwendig. Jüngst stellte die Denkmalstiftung Baden-Württemberg 25.000 Mark bereit, das war auch ein Zeichen für die Bedeutung dieses einmaligen Kleinods mit den marmornen Büsten von Dannecker.

Steinmetzen und Stukkateure sind längst an der Arbeit. Man sieht den Fortschritt, und wenn man eine Weile dort ist, sieht man auch, daß Denkmalpflege Knochenarbeit sein kann. Aber der Aufwand lohnt sich.

Constantin Graf von Benckendorff, Russischer Gesandter am Württemberger Hof, ließ das Mausoleum 1823 / 24 für seine jung verstorbene Frau Natalie, eine Wohltäterin der Armen, errichten. Ein Denkmal der Liebe. ,,Nur Sie'' steht über der Tür. Fünf Jahre nach ihr starb er, General in einem Feldzug in Bulgarien, an Typhus. Nun ruhen sie hier in der Gruft, wie ihr Sohn und dessen Frau, im eisernen Doppelsarkophag.

Oben in der Kapelle stehen in einer Nische ihre Marmorbüsten. Noch sind sie von Staub bedeckt, in Spinngewebe gehüllt. Auch sie werden befreit.

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